Ambulanter Hospizdienst begleitet Schwerkranke
Als sie die alte Dame zum ersten Mal besuchten, schien es, als würde sie nicht mehr lange leben. Das ist sieben Jahre her. Mittlerweile hat sie ihren 103. Geburtstag gefeiert. „Das ist unsere längste Begleitung“, sagt Sabine Lettmann. Zusammen mit Ilse Jobmann koordiniert sie den Ambulanten Hospizdienst des Diakonischen Werkes im Kirchenkreis Wesermünde. 35 Ehrenamtliche engagieren sich hier. Sie besuchen schwerstkranke Menschen, reden und lachen mit ihnen, lesen vor oder sitzen einfach nur am Bett und sind da.
„Wenn jemand Hospizdienst hört, dann denkt er meistens, dass es um krebskranke Menschen geht“, hat Ilse Jobmann festgestellt. „Aber das ist nicht so. Wir begleiten auch diejenigen, deren Leben zu Ende geht, weil sie ein hohes Alter erreicht haben.“ Das wüssten nur wenige. So hat ihre Kollegin Sabine Lettmann an diesem Vormittag eine Frau besucht, die sich um ihre schwerkranke Mutter kümmert, dringend „seelische Unterstützung“ benötigt und lange telefoniert und herumgefragt hat, bis sie den Tipp bekam, sich beim Ambulanten Hospizdienst zu melden.
„65 Begleitungen hatten wir in diesem Jahr bereits, 33 sind abgeschlossen“, sagt Sabine Lettmann. Abgeschlossen – das bedeutet, dass die Menschen verstorben sind. Manche Betreuungen dauerten wenige Stunden, andere einige Jahre. Denn der Besuch der Ehrenamtlichen kann die Erkrankten beflügeln – so wie die 103-Jährige, die mit ihrer „Begleiterin“ ihr Leben aufgearbeitet und in der Rückschau gemerkt hat: Es gab wider Erwarten viele schöne Erinnerungen.
Wenn sich Betroffene melden – die Angehörigen oder aber auch das Pflegeheim –, dann kommen zunächst die Koordinatorinnen, um zu schauen, wer sich hier engagieren könnte.
Alle Ehrenamtliche haben einen sechsmonatigen Vorbereitungskursus besucht. So ist auch Ilse Jobmann zum Hospizdienst gekommen. Die gelernte Krankenschwester hat sich in diesem Kreis sehr wohl gefühlt, „es war der beste Kurs, den ich je besucht habe“, sagt die zupackende Frau lachend. Im Moment läuft ein Kursus mit sieben Teilnehmern. „Im Frühjahr startet voraussichtlich der nächste“, weiß Sabine Lettmann.
Wer sich einbringen möchte, ist herzlich eingeladen. „Der Kirchenkreis ist groß, der Bedarf an Ehrenamtlichen ebenso.“ Diese erwartet nicht nur gedrückte Stimmung und Traurigkeit. „Weinen und Lachen liegen in der Begleitung eng beinander“, sagt Sabine Lettmann. Von früher erzählen, Neuigkeiten aus dem Dorf berichten, Normalität in die Schlafstube zu bringen – das mache den Großteil aus. „Bedrückend ist es, wenn man merkt, da möchte einer etwas sagen und kann es nicht mehr“, sagt Ilse Jobmann. Diese Blicke – das belaste schon.
Und so empfinden die beiden Koordinatorinnen auch eine große Fürsorgepficht für „ihre“ Ehrenamtlichen. Sie achten darauf, dass es nicht zu viel werde, eine Supervision gibt es darüber hinaus. Besondere Fähigkeiten benötige man nicht, sagt Sabine Lettmann: „Ich glaube, jeder kann begleiten. Aus dem Bauch heraus macht man schon das richtige.“
Info: Der Ambulante Hospizdienst des Diakonischen Werkes begleitet schwerst Erkrankte im gesamten Kirchenkreis Wesermünde. Er ist zu erreichen unter 04745/7834 220.