Am kommenden Sonntag gedenkt die Evangelische Kirche der Verstorbenen des vergehenden Jahres. Der Ewigkeitssonntag ist in besonderer Weise diesem Andenken gewidmet und wird daher auch Totensonntag genannt. Im Gebiet zwischen Elbe und Weser, dem Sprengel Stade, wird in den annähernd 200 Kirchengemeinden ebenfalls an die Verstorbenen erinnert, indem ihre Namen im Gottesdienst noch einmal genannt werden.
Hans Christian Brandy, Regionalbischof für den Sprengel Stade, ist sich sicher, dass für Angehörige gerade angesichts der Corona-Pandemie der Ewigkeitssonntag in diesem Jahr eine besondere Bedeutung hat. „Viele konnten gerade im Frühjahr während der ersten Infektionswelle nicht so von lieben Menschen Abschied nehmen, wie sie es gewollt hätten. Denn es galten enge Bestimmungen für Beerdigungen. Zeitweise durften nicht mehr als zehn Trauernde zusammenkommen. Das war bitter und für viele Familien eine schwere Belastung. Daher bin ich froh, dass wir am Ewigkeitssonntag Gottesdienst feiern können. So bieten wir Trauernden die Möglichkeit, in Stille, Ruhe und Würde ihrer Verstorbenen mit anderen Menschen und vor Gott zu gedenken und noch einmal Abschied zu nehmen.“ Selbstverständlich, so Brandy, werde in allen Gottesdiensten sorgfältig auf Hygiene- und Abstandsregeln geachtet. In etlichen Gemeinden werden an diesem Tag zudem mehrere Gottesdienste angeboten.
„Die Corona-Pandemie hat unserer Gesellschaft deutlich gemacht, wie verletzlich jedes Leben ist. Diese Verletzlichkeit gehört zu unserer menschlichen Grundsignatur, denn unser aller Leben ist endlich“, so der leitende Theologe. „Auch an diese Verletzlichkeit erinnern wir am Ewigkeitssonntag und damit an die große Kostbarkeit jedes Lebens. Zugleich stellen wir es in den Horizont des ewigen Lebens bei Gott, das wir durch Jesus Christus haben. Die Hoffnung darauf gibt schon hier und heute Kraft zum Leben und zum Handeln.“
Gerade angesichts der schmerzhaften Einschränkungen in der Corona-Zeit erinnert der Geistliche an den Wert einer öffentlichen Trauerkultur. Da jedes Menschenleben einzigartig ist, sei es wichtig, dass Trauerfeiern öffentlich sind. „Ausdrücklich werbe ich dafür, Beerdigungen nicht nur im engsten Familienkreis stattfinden zu lassen, allemal wenn die Corona-Pandemie beendet sein wird. Nachbarn und Freundinnen, Arbeitskolleginnen und Vereinskameraden vermissen es oft, wenn sie sich nicht von einem vertrauten Menschen bei einer Beerdigung verabschieden können, da sie nicht eingeladen sind. Soziale Verbindungen gehören zur Würde eines Menschen – auch im Moment des Abschieds.“
Neben dem Totengedenken stehe in diesem Jahr für viele wohl auch ein bewussterer Umgang mit der eigenen Lebenszeit im Mittelpunkt des Gottesdienstes, vermutet Brandy. „Wir alle erleben momentan, wie verwundbar unsere Gesundheit ist. Viele kennen inzwischen Erkrankte oder auch an Corona Verstorbene. Ein Anlass, jeden Tag als Geschenk zu nehmen und zu gestalten.“
Für den Regionalbischof ist der kommende Sonntag aber auch ein Anlass, all denen Respekt zu erweisen, die bislang in der Pflege, in Krankenhäusern und Altenheimen ihren Dienst geleistet haben. „All denen, die für Kranke und Sterbende mit Fürsorge, professionellem Handeln, menschlicher Nähe und großem Einsatz da gewesen sind, danke ich ausdrücklich!“
Der Ewigkeitssonntag geht auf die Reformationszeit zurück. Mit ihm endet das Kirchenjahr, das mit der Feier des 1. Advents neu beginnt. Die biblische Botschaft des Ewigkeitssonntags spricht davon, dass am Ende aller Zeiten Gott die Welt verwandeln und alles menschliche Leid beendet sein wird.