Stellen Sie sich vor, auf der Empore erklingt die Orgel und alle schauen wie gebannt nach vorn Richtung Altar: Denn dort auf einer Leinwand spielt die Musik. Beim Konzert "Lauras Leidenschaft" in der St. Jakobi-Kirche in Bederkesa sind die Zuhörer nicht nur fasziniert von den Darbietungen der Organisten Laura Schlappa und Timo Corleis, sondern auch von der Filmtechnik, die ihnen das Geschehen am Orgelspieltisch ganz nah bringt.
Im Rahmen der Weserfestspiele ist die gebürtige Cuxhavenerin Laura Schlappa zu der Orgel zurückgekehrt, an der ihre Leidenschaft für das Instrument erwachte. Damals und auch jetzt beim Konzert dabei: ihr erster Orgellehrer, der Kantor des Kirchenkreises Wesermünde, Timo Corleis. Mittlerweile studiert die 22-Jährige in München, hat bereits etliche renommierte nationale und internationale Preise gewonnen - und trotzdem nicht vergessen, wie sie zur Orgel kam. Mit vier Jahren, so erzählt sie zwischen zwei Stücken der charmanten Moderatorin Anne Kussmaul, habe sie mit dem Klavierspielen begonnen, dann als Kind bereits Messen in ihrer katholischen Heimatgemeinde musikalisch begleitet, bis ihre Eltern eine Meldung in der Tageszeitung lasen. "Dort stand, dass ich als Kreiskantor auch Orgelunterricht anbiete", ergänzt Corleis. Schnell erkannte er ihre "Hochbegabung". Als sie einmal auf seine Frage, was sie denn studieren wolle, die Auswahl "Klavier, Kirchenmusik und Jura" präsentiert habe, hätte er ihr zu letzterem geraten: "Damit kannst Du Geld verdienen." Aber dass es dann doch die Kirchenmusik geworden sei, freue ihn sehr. Mit Laura Schlappa sind es bereits vier Orgelschüler Corleis', die diesen Weg eingeschlagen haben.
Nach Bachs "Fuge in D-Dur" spielt die Organistin mit den hüftlangen Locken in St. Jakobi eine Improvisation von Charles Tournemire. Laura Schlappa gesteht: "Ich liebe die Klangfarbe der französischen Orgelmusik." Dann warnt sie das Publikum vor, dass Timo Corleis jetzt um sie "herumspringen" werde, um die Register zu ziehen. Und dass dieses Registrieren wirklich Schwerstarbeit ist, kann das Publikum dank Kamera und der fachkundigen Regie von Christoph Schönbeck fantastisch miterleben. Das Gesicht, die Hände am Manual, die Füße, die die über die Pedale wirbeln - alles kann von den Kirchenbänken bequem beobachtet werden. Nur beim Applaus wendet sich das Publikum zur Orgel.
Nach einer Toccata von Dietrich Buxtehude, einem Stück, das Corleis sehr am Herzen liegt, improvisiert der 42-Jährige zu zwei Kirchenliedern, bevor eine Sonate von Vanhal vierhändig ertönt. "Da wird es schon ganz schön eng auf der Orgelbank", verrät Corleis der Musikvermittlerin Anne Kussmaul. Aber die beiden harmonieren bestens.
Dass man auch nur mit den Füßen Orgelspielen kann und das sogar zu zweit, beweisen Laura Schlappa und ihr Förderer beim Liedsatz "Herr Gott, dich loben wir" von Friedrich Silcher - ein besonderes Schauspiel für Ohr und Auge, perfekt eingefangen von der Kamera. Der Abend endet mit einem zeitgenössischen Werk über die Zeit von Dominik Susteck. Die Moderatorin und die junge Künstlerin stimmen das Publikum geschickt auf die ungewohnten Töne ein. Noch lange, nachdem diese verklungen sind, hallt das Konzert nach.